21. Juli 2013

Morgenmäntel

Neben meinem einen Hobby – an heißen Sommersonntagnachmittagen mit dem Fahrrad durch ausgestorbene Industriegebiete zu cruisen – habe ich ein zweites Hobby, nämlich an Werktagen ausschlafen und dann im Morgenmantel faul herumtrödeln bis ungefähr 11 Uhr mit anschließendem Überlegen, wie man den restlichen Tag weiter vertändeln könnte. Ein Hobby, dem ich leider nur selten nachgehen kann! Wenn man es genau nimmt, eigentlich nur samstags und sonntags, und das ist nicht dasselbe und schon gar nicht das Gleiche. Seufz.

Aber zum Glück gibt es Morgenmäntel! Manchmal stehe ich an Werktagen eine Stunde früher auf, werfe mir einen meiner Morgenmäntel über, bereite mir auf umständliche Art und Weise eine Kaffee zu, spaziere kaffeetrinkend durch die Wohnung, nehme hier ein Buch aus dem Regal und zupfe dort ein verwelktes Blättchen an einer Zimmerpflanze ab, gehe auf den Balkon, schaue wie das Wetter ist und gebe mich der Illusion hin, den ganzen Tag nichts tun zu müssen. Entscheiden an diesem Szenario ist der Morgenmantel. Ohne Morgenmantel funktioniert es nicht, erst er gibt mir dieses Instanttrödelfeeling. Ein Morgenmantel ist also eine Art Sehnsuchtsort für mich, ein tragbarer locus amoenus oder meinetwegen auch ein mobiler hortus conclusus.

Ich besitze zwei Morgenmäntel, einen cyclamfarbenen mit schwarzem Paisleymuster aus weichem Jerseystoff, den ich von meinem Großvater geerbt habe, und einen kimonoartigen weinroten aus Seide mit so weißen Emblemen drauf. Beide Morgenmäntel sind mir viel zu groß, was ihre Wirkung nicht schmälert, aber die Ärmelenden hängen manchmal in den Kaffee, weswegen ich mir einen  dritten Morgenmantel kaufen will.

Ist aber gar nicht so einfach – zumindest online nicht. Auch bei den Herstellern feinster Schweizer Wäsche (Achtung, Verwechslungsgefahr! Zimmerli ist der Wäschehersteller, bei Hämmerli gibt es hochwertige Waffen) ist die Morgenmantelauswahl gering. Werden Morgenmäntel nicht mehr nachgefragt?

Den schönsten Morgenmantel besitzt übrigens Bobby Ewing. Genau so einen hätte ich gern.




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