17. Februar 2013

Von Tag zu Tag

Wie die meisten Kinder habe auch ich in jungen Jahren alles gelesen, was mir in die Quere kam. Brigitte, Romantik-Thriller von Victoria Holt, VDI-Nachrichten, Kochbücher, Handarbeitsbücher, Kunstbücher, Hanni und Nanni sowieso, ferner mehrmals alles aus der örtlichen evangelischen Gemeindebibliothek, Geschichten aus der Bibel, Märchen, das Gemeindeblatt ebenso wie „Das Haus“ und die Flohkiste – mithin alles, was gerade so da war. Besonders gern mochte ich „Von Tag zu Tag. Das große Mädchenbuch“ von Rosemarie Schittenhelm, ein Benimmbuch für Mädchen aus dem Jahre 1957, das mir, so meine ich, von einer Tante vererbt wurde.


Ein Benimmbuch für Mädchen von 1957 kommt – das kann man sich leicht vorstellen – recht normativ daher und enthält logischerweise, da es sich um ein Buch aus den Fünfzigern handelt, jede Menge 50er-Jahre-Dinge wie beispielsweise eine krasse Kondensmilchverherrlichung. Dennoch: „Von Tag zu Tag“ war mein go-to-Buch. Immer, wenn ich nicht wusste, was ich lesen sollte, habe ich danach gegriffen. Hat mich, den Teenager in den postmodernen 80er-Jahren, vielleicht gerade der rigide Ton angesprochen? Möglich wär‘s.

Das Buch teilt sich in vier große Kapitel: Der Kern – Die Schale – Daheim – Die Welt. „Der Kern“ behandelt Körperpflege und Kosmetik, im Kapitel „Die Schale“ geht es um Kleidung, wer kann was tragen, zu welchem Anlass zieht man sich wie an, wie stellt man eine Garderobe zusammen und wie muss sie gepflegt werden – Fragen, die in „Von Tag zu Tag“ nicht etwa verhandelt, sondern direkt und eindeutig beantwortet werden.

In Kapitel drei, „Daheim“, dreht sich alles um das richtige Führen eines Haushalts. Neben einer kurzen Lebensmittelkunde und den Canasta-Regeln finden sich in diesem Kapitel zeitlos-informative Artikel wie „Das bittere Ende: Geschirrabwaschen“, „Die Mannigfaltigkeit eines modernen Besteckes“, „Es schmeckt besser am hübsch gedeckten Tisch“, „Man wirkt besser mit guten Tischmanieren“, „Es plaudert sich besser am reizenden Kaffee- und Teetisch“, „Budenzauber zur Faschingszeit“, um nur ein paar zu nennen.

Das vierte Kapitel schließlich, „Die Welt“, bietet einen Schnellkurs Kunst- und Literaturgeschichte sowie das wichtigste zum Thema Architektur, Film und Musik, ferner eine Einführung in die Kunst des Briefeschreibens sowie eine Anleitung, wie man sich auf Reisen verhält.

Mein Lieblingskapitel war und ist „Die Schale“ und darin besonders der Abschnitt, in dem es darum geht, wie man sich geschickt eine schöne Garderobe zusammenstellt, sowie das Kapitel „Die Pflege der Kleidung“:


Am besten gefällt mir die Anweisung unter Punkt sechs, man solle sich am Wochenende einen Outfitplan für die kommende Woche zusammenstellen. Das wollte ich immer schon machen! Habe mir nun eine App heruntergeladen, mit der man mit den eigenen Klamotten Outfits zusammenstellen kann – einen sogenannten wardrobe manager bzw. fashion assistant. Muss nur noch alle meine Kleidungsstücke fotografieren. Bis dahin!

P.S.: Einmal hat mich „Von Tag zu Tag“ sogar zu zwei äußerst seltsamen Gedichten inspiriert – schaut mal hier!

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