7. April 2010

Zahnpasta

Wenn man krank ans Zuhause gefesselt ist und nicht so richtig mittun kann bei allem, was die anderen machen, dann entwickelt man recht schnell einen reichlich überspannten Lebenshunger, so einen ziemlich bescheuerten carpe-diem-Lebenshunger, wenn nicht gar einen Zott-Sahnejoghurt-hinein-ins-weekend-feeling-Lebenshunger! Was man nicht sofort alles machen will, wenn man wieder gesund ist: In alle angesagten Ausstellungen gehen. Sorgfältig zurechtgemacht mit guten Freunden im Straßencafe in der Sonne sitzen. Mit noch besseren Freunden gemeinsam kochen und während des Gemüseschneidens bereits aus so großen bauchigen Gläsern Wein trinken, um anschließend an einem langen, schlichten Esstisch bei geistreich-amüsanten Gesprächen zu speisen. Dabei mag ich gar keinen Wein! Wein schmeckt mir überhaupt nicht! Sehr gut hingegen hat mir heute, am ersten Tag ohne Schnupfen und mit wiedererlangter Schmeckfähigkeit, meine Zahnpasta geschmeckt. So gut hat die mir geschmeckt, dass ich mich wieder an das Jahr erinnert habe, als ich diese Zahnpasta zum ersten Mal benutzt habe. Damals im Sommer 1996, als ich noch in Wilmersdorf gewohnt habe und manchmal mit dem Fahrrad ins Locho zum Schwimmen gefahren bin. Das Locho ist das Sommerbad Wilmersdorf und heißt im Volksmund Locho, und eigentlich mag ich Schwimmen gar nicht so gern, aber ich bin ab und zu hingegangen, um sagen zu können Ich geh nachher noch ins Locho, 'ne Runde schwimmen! und um mich dabei sehr einheimisch-berlinerisch zu fühlen. Später bin ich nach Neukölln gezogen und weil das Locho dann viel zu weit weg war, bin ich ins Colo gegangen. Das Colo ist das Sommerbad am Columbiadamm, und allen, die es interessiert hat, konnte ich dann auf diese fachmännisch-berlinerische Art erzählen, dass ich früher immer ins Locho gegangen bin, dass ich jetzt aber das Colo tausend Mal besser finde. Das Locho und das Colo, wahnsinnig witzig, oder? Daran also hat mich meine Zahnpasta heute morgen erinnert.

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