29. Mai 2007

Hanni und Nanni und ihre Homies. Part I: Roberta "Bobby" Ellis.

Aber zunächst ein Nachtrag. Der Lampenschirm:



Von links nach rechts: Mary Waters, Nanni O'Sullivan, Fränzi Waters, Roberta "Bobby" Ellis, Hanni O'Sullivan.

Tsja, Roberta "Bobby" Ellis. Det is so eene janz patente. So pfundig. Ein Pfundsmädchen. Mit dem Pferde-stehl-Appeal und den dazugehörigen features: Sommersprossen und mächtig viel Schalk im Nacken. Das finden auch Hanni und Nanni - sie halten Bobby für ein "(...) ganz gescheites, aber bodenlos faules Geschöpf. Dafür hat sie so viele dumme Streiche im Kopf wie Sommersprossen auf der Nase. So schnell macht ihr damit keiner Konkurrenz (...)" (Blyton 1972:11). Ja, ja, die Bobby ist einfach ein prima Kerl. Auf die ist Verlass. Deshalb freuen sich Hanni und Nanni auch immer wie verrückt, wenn sie zum Schuljahresbeginn die Bobby mit ihrer lustigen, frechen Sommersprossen-Himmelfahrtsnase wiedersehen: "Nett, wieder deine Himmelfahrtsnase zu sehen" (Blyton 1965:12). Bobby - ein Mädchen zum Unterhaken. Das findet auch Hanni und "hakt(e) sich bei Bobby ein" (ebd.).

Demnächst ein weiterer, exklusiver Vorabdruck aus dem zukünftigen Superseller Who is Who auf Schloss Lindenhof?

Literatur
Blyton, Enid (1965): Kein Spaß ohne Hanni und Nanni. München: Franz Schneider Verlag.
Blyton, Enid (1972): Hanni und Nanni geben nicht auf. München: Franz Schneider Verlag.

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18. Mai 2007

Verschiedenes über Verschiedenes

Heul. Niko, mein Friseur, ist weg. Nicht weg, der Salon ist noch da, aber Niko, ja, genau, mein Friseur, arbeitet da nicht mehr. Seufz. Hoffentlich bekomme ich jetzt keine bad-hair-days. Merkt man eigentlich sehr, dass ich gerade versuche, einen frauenspezifischen Beitrag zu schreiben? So mit allem, was dazu gehört: Telefonieren, Freundinnen, Schuhe? Ich glaube schon. Ist nicht so ganz mein Revier. Sollen andere sich mit diesem Zeug befassen, ich interessiere mich eher für die ganz große Weltgeschichte, für gesellschaftliche Umwälzungsprozesse wie z.B. die Tatsache, dass ich gestern einen Lampenschirm neu bezogen habe. Leider konnte ich das Modell, das mir vorschwebte, nicht realisieren: Wer erinnert sich nicht gern an den wunderschönen, mit getrockneten Blüten und möglicherweise Schmetterlingen versehenen Lampenschirm aus "Hanni & Nanni gründen einen Klub" (oder war es "Hanni & Nanni geben nicht auf"?), der verdientermaßen den ersten Platz beim jährlichen Handarbeitswettbewerb auf Schloss Lindenhof erhielt? Der, obwohl von drei nervigen, unsportlichen Kleeblatt-Freundinnen gebastelt, nicht nur die strenge Frau Roberts und Klassensprecherin Hilda, sondern eben auch die O'Sullivan-Zwillinge überzeugte? Oder so ähnlich. Aber wo soll ich auf die Schnelle getrocknete Schmetterlinge hernehmen? Eben. Der neubezogene Lampenschirm ist übrigens nur ein kleines Mosaiksteinchen, ein kleines Rädchen in einem großen Wohnungs-Relaunch-Prozess, der vor einigen Wochen mit der Vertauschung von Schlaf-und Arbeitszimmer auf den Weg gebracht wurde und der gestern mit der Verbannung des Fernsehers aus dem Wohnzimmer vorerst seinen Höhepunkt erreicht hat. Es ist mal wieder an der Zeit, das Fernsehen zu verteufeln. Kommt eh nur Mist, und die Zeiten, in denen es lustig war, sich Mist anzusehen, sind auch schon eine Weile vorbei. Love it or leave it, aber Fernsehen ist absolut last century. Außer Arte natürlich. Arte ist und bleibt Pflicht.

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15. Mai 2007

Verschiedenes über Schrift

Seien wir doch mal ehrlich, es war doch früher so: Nach rechts geneigte Schrift = Gymnasium. Nach links geneigte, runde Schrift = Realschule (bzw. Gymi, aber nach der Zehnten runter). Nach links geneigte, runde Schrift mit Kringel als i-Punkte = Hauptschule. War echt so. Ja, damals war die Welt noch in Ordnung. Insgeheim hätte ich natürlich auch gern so nach links geschrieben. Mit i-Punkt-Kringel selbstverständlich. Fand ich irgendwie schicker, weltläufig. War aber absolut verpönt, Gymnasiasten-Ehrenkodex. Doch, war echt so. Klar habe ich heimlich seitenweise in der Hauptschulschrift geschrieben, man durfte sich nur nicht dabei erwischen lassen. Ich vermute schwer, dass heutzutage die nach links geneigte Schrift selbst an den besten Gymnasien gang und gäbe ist. Aufgrund der generellen Verprollung der Gesellschaft. Nee, ist echt so. Ich bin auch davon betroffen. Beweis:


Am weitesten nach rechts geneigt war meine Schrift zu Schulzeiten. Seither wird sie immer gerader. Inzwischen steht sie kurz davor, nach links zu kippen. Quod erat demonstrandum. Ich verprolle offensichtlich zunehmend.

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12. Mai 2007

V-Effekt

Wegen zahlreicher Anfragen: Ja, ich heiße wirklich so. I'm real.



Das Foto habe ich teilweise abgeklebt

(a) wegen zu weit aufgerissener Glubschies und

(b) wegen des V-Effekts. Das ist eine neue Serviceleistung, die ich hier biete: Mit dem Brechtschen V-Effekt (in diesem Fall die abgeklebten Augen) biete ich den lieben Lesern die Möglichkeit, eine kritische Haltung einzunehmen. Denn ohne kritische Haltung geht heutzutage gar nichts mehr.

Und so gehts: Einfach die hier geschilderten Ereignisse der fiktionalen Wirklichkeit in Erkenntnisse umsetzen und diese auf die eigenen Erfahrungen mit der sozialen Wirklichkeit übertragen.

Was steckt dahinter? Der V-Effekt spiegelt das hier Geschilderte auf einer veränderten Reflexionsstufe und stimuliert so den Reflexionsprozess des Lesers. So einfach geht das. Kein doppelter Boden, keine versteckten Kosten.

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7. Mai 2007

Im Blickpunkt: Meine Lesegewohnheiten

Täusche ich mich, oder waren sich vor noch nicht allzu langer Zeit Mahner, Warner und Bedenkenträger darin einig, dass es mit dem Buch bald zu Ende geht, dass die Leute nicht mehr lesen? Haben nicht arge Pessimisten sogar geglaubt, dass Kinder irgendwann nicht mehr wissen würden, was das sei, ein Buch? Es ist kein Geheimnis, dass genau das Gegenteil eingetreten ist. Die Leute lesen wie die Bekloppten. An und für sich eine schöne Sache, das Problem ist nur, dass alle Leute dasselbe lesen und es in den Buchhandlungen nur noch die Bücher zu kaufen gibt, die alle Leute lesen wollen. Was wiederum zur Folge hat, dass die Bücher in Buchhandlungen nicht mehr in Bücherregalen stehen, sondern auf Büchertischen gestapelt präsentiert werden. In meiner Buchhandlung sind die Bücher auf diesen Tischen darüber hinaus mittels Schilder in folgende Kategorien eingeteilt:

Jung & Crazy

Für Vorleser und Selbstleser

Middlesex, Korrekturen & Co.

Desperate Housewives

Mord und Totschlag

Spiegel-Bestseller

Na ja, Hauptsache die Leute lesen überhaupt irgendwas. Möchte man jedoch ein gutes Buch lesen, sollte man um diese Tische einen nicht gerade kleinen Bogen machen (ja, ja, ich weiß, es gibt auch Ausnahmen). Aber was ist ein gutes Buch? Ein gutes Buch ist ein Buch,

(a) das nicht auf einem dieser Tische liegt

(b) das man mindestens zweimal gelesen hat und das man sofort wieder lesen würde

(c) in welchem man - gälte das nicht als absolut peinliches No No - mit dem Bleistift Sachen unterstreichen, an den Rand Frage- und Ausrufungszeichen und Bemerkungen wie sehr richtig! oder wie wahr! kritzeln würde

Die Bücher, auf die diese drei Punkte zutreffen, kann ich fast an einer Hand abzählen:

Marieluise Fleißer, Mehlreisende Frieda Geier. Roman vom Rauchen, Sporteln, Lieben und Verkaufen. Allein schon wegen des Titels. Hier der Beweis:



Punkt (a) kann ich abhaken - das Buch liegt auf keinem Buchhandlungsstapeltisch, never! Punkt (b) ebenfalls, habe ich bestimmt fünfmal gelesen und ich würde es sofort wieder tun. Punkt (c) - Kritzeleien sind auch drin, siehe Bold, ah, ich meine natürlich Bild. Was noch? Irmgard Keun, Das kunstseidene Mädchen. Erich Kästner, Fabian. Die Geschichte eines Moralisten. Dirk Wittenborn, Unter Wilden. Tom Wolfe, Ich bin Charlotte Simmons. Und zwei Jugendbücher von Christine Nöstlinger, Ilse Janda, 14 und Wetti & Babs.

Ansonsten lese ich sowieso nur Robert Walser. Will ich immer lesen, kann ich immer lesen. Weil es aufgrund der vielen kleinen Kurzprosastücke nicht ganz einfach ist, den Überblick über Robert Walsers Werk zu behalten, und weil neben den gesammelten Werken immer wieder neue Stücke auftauchen, Mikrogramme entschlüsselt oder bereits veröffentlichte Texte thematisch sortiert neu herausgegeben werden (so z.B. unter dem Titel Europas schneeige Pelzboa verschieden Texte Walsers über die Schweiz), weil es also - wie gesagt - schwierig ist, den Überblick zu behalten, habe ich jetzt meinen eigenen kleinen Robert Walser-Katalog angelegt. In einem ledergebunden Adressbuch mit Goldschnitt. Kein Mensch braucht heutzutage mehr Adressbücher. Tschüss, Adressbuch! Guten Tag, kleiner Bücherkatalog!



Jetzt weiß ich endlich, dass sich die Geschichte Das Theater, ein Traum (II) zweimal in meinem Besitz befindet, nl. einmal in "Maler, Poet und Dame" und einmal in "Träumen", Band 16 der gesammelten Werke, aber Das Theater, ein Traum (I) in meiner Sammlung fehlt! Scandalous! Noch mehr scandalous: Es gibt die Geschichten Ein Genie (I), ca. 1913, Ein Genie (II), um 1923, und Das Genie aus dem Jahre 1902! Habe ich immer für alles für ein und dieselbe Geschichte gehalten, ich Blödi!


Robert Walser, Träumen. Sämtliche Werke in Einzelausgaben, sechzehnter Band. Hg. v. J. Greven. Zürich und Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1985, 122f.

(Hoffentlich gibt das keinen Ärger.)

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3. Mai 2007

Nach Hause geht man erst, wenn einem alle anderen Orte ausgegangen sind

Vor nicht allzu langer Zeit - also kürzlich bzw. letzten Mittwoch - stellte ich fest: Ich habe die in Berlin sehr populäre Disziplin Ausgehen und Rumstehen ein wenig vernachlässigt. Nicht sträflich, aber doch genug, um Handlungsbedarf zu konstatieren. Was also tun? Man steigt aufs Fahrrad und begibt sich auf die Suche nach billiger Zerstreuung. Das Fahrrad ist blau-metallic und heißt Fantasy Tornado. Die alltäglichsten Dinge haben ja bekanntlich oft die schönsten Namen. Fantasy Tornado. Fantasy Tornado. Majestätisch und doch verspielt. Weil hier in der Gegend/in da hood die gentrification noch nicht Fuß fassen konnte, müssen zunächst einige andere Bezirke durchquert werden. Ausgehen und Rumstehen funktioniert nun mal nicht überall. Mein mentaler Berlinstadtplan ist übrigens nur bei mir zu Hause vollständig und intakt, nur daheim kann ich ganz Berlin kognitiv erfassen. Bin ich hingegen z.B. in Charlottenburg, dann kann ich den Osten nicht mehr denken, bin ich im Norden, habe ich Zehlendorf plötzlich nicht mehr auf dem Schirm. Krass. Egal. Im Moment jedenfalls fahre ich durch den Central Park, da bin ich mir ganz sicher, auch wenn meine mental map an den Rändern so schatzkartenmäßig angeschmort ist. Und Ach, is dit schön, denkt es in mir drin und aus mir heraus, als ich so durch den lauen Frühlingsabend brause, Dit is Berlin! Denk, denk, denk. Hohes Mädchenaufkommen auf den Wegen zwingt mich zum Bremsen. Was ist denn hier los? Aha, Schaustellerbetriebe haben ihre Fahrgeschäfte aufgebaut und locken die örtliche jeunesse dorée an. Wie es so ihre Art ist, schauen die jungen Seelen nicht nach hinten und nicht nach vorne, sie denken nicht an gestern und nicht an morgen, sondern laufen mir vors Rad. Egal, denke ich, denn ich bin milde gestimmt, und die nächste competition oder challenge steht bereits an: Alexanderplatz überqueren! Kein Problem für mich, ich gebe 150% und komme so eine Runde weiter und zwar in den Bezirk, in dem seit neuestem prekarisierte Künstler und amerikanische Nachwuchswissenschaftlerinnen wohnen. Die amerikanische Nachwuchswissenschaftlerin, die Berliner Hinterhöfe erforscht, bleibt heute mal zu Hause, aber die prekarisierte Künstlerin geht gern aus und steht gern rum.

(So. Mir reichts. Ich kürze das jetzt mal ab, das nervt ja total, dieser blumige Stil. Also, zuerst waren wir in einem italienischen Restaurant, dann in einer Bar, dann in noch einer Bar, wobei ich die letze Bar gerade dazuerfunden habe - wie so einiges in diesem Pseudo-Schelmenroman. Folgende Möchtegern-Frage könnte außerdem hier erörtert werden: Wieso wird man eigentlich nach wie vor und v.a. nur in italienischen Restaurants landessprachlich bedient und nicht in z.B. chinesischen?)

Weiter gehts in die nächste Bar, denn unser Motto lautet: Nach Hause geht man erst, wenn einem alle anderen Orte ausgegangen sind. Von wem stammt dieses Bonmot? Von Hildchen? Von Lotti Huber? Oder doch von Erika Pluhar? In der Bar, die - seltsam - aussieht wie meine zukünftige Küche, übt sich eine Auswahl (selecao) Portugallierinnen ebenfalls in der Disziplin Rumstehen, indem sie am laufenden Band eine Art flambierte Würstchen bestellt. Welcher Gastro-Trend ist da nun schon wieder an mir vorbeigegangen? Mist! Drei junge Leistungsträger, zukünftige Entscheider und Führungsverantwortungsinnehaber kommen rein. Müssten die nicht längst zu Hause sein? Ist doch schon ganz schön spät und schließlich nicht Wochenende. Ach so, ja klar, nach Hause geht man erst, wenn einem alle anderen Orte ausgegangen sind. Man ist nun und in diesem speziellen Fall ich. Auf dem Heimweg fällt mir einmal mehr ein, dass ich noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten bin. Ohne Scheiß. Die Gesetze sind einfach wie für mich gemacht, mir gleichsam auf den Leib geschneidert! Ob ich es dennoch wage und nachts um halb drei bei Rot mit dem Fahrrad über die Heinrich-Heine-Straße fahre? Doch wiederum einmal mehr muss ich feststellen: Verbrechen lohnt sich nicht, Hochmut kommt vor dem Fall, Schuster bleib bei deinen Leisten etc.pp. Polizeiauto? Me fugit! Zu Recht werde ich von den Ordnungshütern per Lautsprecher zur sogenannten Ordnung gerufen: JUNGE FRAU, DIE AMPEL IST ROT! Ausgehen, rumstehen, zur Ordnung gerufen werden, heimfahren. So schließt sich der Kreis und ich verabschiede mich. Ich hoffe, ich polarisiere nicht unnötig, wenn ich bekenne, dass ich am folgenden hellichten Donnerstag erst gegen zwölf Uhr mein Tagewerk in Angriff genommen habe.

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