10. September 2007

Die Karten werden neu gemischt

Grad frisch reingekommen ist folgende Meldung: Ich habe endlich angefangen, an meinem amerikanischen Jahrhundertroman zu schreiben. Allerdings habe ich ein wenig umdisponiert bzw. umgesattelt. Statt des amerikanischen Jahrhundertromans inkl. einer panoramaartigen Schilderung der amerikanischen Geschichte seit 1492 und einer messerscharfen, sezierenden Analyse der amerikanischen Gesellschaft, die ich den Leserinnen und Lesern auf einem „literarischen“ Silbertablett zu servieren vorhatte, habe ich nun einen deutschen 3-Euro-Heftroman konzipiert. Es wird ganz schön affirmativ zugehen in diesem 75-Cent-Groschenroman, Stereotype und einfache sprachliche Mittel werden auf jeden Fall einen breiten Raum einnehmen, ganz zu schweigen von den schablonenhaften Charakteren. Die Handlung des Heftchenromans wird sentimental und melodramatisch sein, und selbstverständlich wird auf vereinfachende und klischeehafte Weise mit Themen wie z.B. Liebe umgegangen. Das Ganze wird sich auf internationalem Parkett abspielen:
Jamie Westermann, eine zierliche und zugleich selbstbewusste 22-jährige Dolmetscherin aus Düsseldorf, bekommt ihren ersten Job bei der UNO in New York. New York! The city that never sleeps! Gleich an ihrem ersten Tag lernt Jamie den attraktiven und geheimnisvollen Völkerrechtler Dr. Michael Frazier kennen. Spielt Dr. Frazier ein doppeltes Spiel? Jamie weiß weder ein noch aus, als plötzlich Timo Städtler, mit dem Jamie seit zwei Jahren eine on-/off-Beziehung führt, vor der Tür („door“) steht. Setzt Timo etwa alles auf eine Karte? Und welche Rolle hat das Schicksal in diesem Dreier-Quartett Jamie zugedacht?
Es ist übrigens zu null Komma null Prozent unlogisch, dass Jamie mit 22 bereits bei der UNO als Dolmetscherin arbeitet, denn: Jamies Mutter, Cornelia Westermann, ist seinerzeit, so um 1984 herum, nach der Elften von der Schule abgegangen, weil sie „ihr eigenes Geld verdienen und unabhängig sein wollte“. Bei einem Au-pair-Aufenthalt in Großbritannien lernte Cornelia Ian, einen Vertreter des schottischen Hochadels, kennen - Jamies zukünftigen Vater! Jamie verbrachte die ersten zwölf Jahre ihres Lebens auf einem Schloss in den Highlands und spricht demnach astreines Englisch! Und ihr Vater Ian hat als Adliger natürlich allerhand connections und konnte ihr so den Job bei der UNO organisieren (hier könnte ich vielleicht eine kritische Analyse der britischen Gesellschaft einflechten). Jamies Mutter Cornelia hat übrigens nach der Trennung von Ian zunächst eine Heilpraktiker-Ausbildung gemacht und dann Gregor Zeller, einen Gestalttherapeuten und NLP-Trainer, geheiratet. Cornelia hat noch zwei Kinder bekommen, Leonie und Marvin, um die Jamie sich immer rührend kümmert, wenn sie nach Düsseldorf kommt. Am Ende des Romans wird sich Jamie übrigens nicht nur zwischen Dr. Michael Frazier und Timo Städtler entscheiden müssen, sondern auch zwischen einigen anderen Dingen mehr...

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